white wall

Blättert man in den Fotografien der white wall Serien von Hans Schubert, fühlt man sich unmittelbar in einen Zuschauerraum platziert.

Vor uns liegt die städtische Bühne auf der die abgebildeten Figuren ihren Rhythmen folgen. Rhythmen, bei denen niemand Regie geführt hat,

sondern die von Zufällen und durch den urbanen Alltag bestimmt werden. Nimmt man sich die Zeit zu schauen, kann man poetische Geschichten, absurde Konstellationen, vielleicht belanglose Zufälligkeiten aber immer unzählige und vielschichtige Informationen über unsere Zeit in den Bilderfolgen entdecken.

In seinen Bildserien konstruiert Hans Schubert einen Rahmen, bestimmt den Hintergrund mit je nach Serie weniger oder mehr zurück genommenen Informationen. Auch wenn diese Hintergründe nicht gänzlich ohne Informationen sind und eine allgemeine Verortungen durchaus zulassen, bieten sie dennoch Beruhigung. Die urbanen Protagonisten treten deutlicher hervor. Ihre Konstellationen zueinander, die Wiederholungen in ihren Bewegungen und merkwürdige Zufälle werden vordergründig und besser sichtbar.

Alle seine Protagonisten eilen, folgen ihrem Programm. Niemand schlendert mit Muße, ohne Zweck einfach nur durch die Stadt. Ein Stehenbleiben macht verdächtigt. Aber genau dies tut Hans Schubert. Er hält inne, verhält sich still, beobachtend aus einem nicht beachteten Standpunkt heraus.

Er schleicht nicht wie die bekannten Fotografen der Street-Photographie lauernd durch die Strassen, auf der Jagd nach dem Bild. Er definiert einen Handlungsbereich, in dem er agieren lässt.

Walter Benjamin prägte einmal den Begriff des städtischen Beobachters. Als Analyse- Werkzeug aber auch als Lebensstil. Er sprach von ihm als jemanden, der „auf dem Asphalt botanisieren geht“. Diesem Vorgehen folgt Hans Schubert. Er seziert in seinen Bildserien die Bewegungen und Ströme der Akteure im urbanen Alltags. Die Stadt als Bühne bietet Codes und Zeichen, die visuell wahrzunehmen sind und die man beobachteten kann. Sie sind wie Texte, in denen man lesen kann. So entsteht ein Katalog großer und kleiner Geschichten, ein Archiv kultureller Zeugnisse, die uns schon jetzt, aber noch mehr in Zukunft dem neugierigen und forschenden Blick auf die Vergangenheit, einen reichen Fundus bietet.

 

Edgar Lissel 

 

 


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